Montag, 6. Mai 2013

Farbe der Woche: Preußischblau

Dieser Farbton und die auf ähnlichen Wegen gewonnenen Farben Pariser Blau, Preußischblau, Turnbull's Blue und Delftblau verdanken ihre Existenz der eifrigen Suche nach einem Ersatz für den teuren Grundstoff Lapislazuli, der lange die teuerste Quelle für ein reines Blau war.

Schwarze Madonna
von Czestochow
Blautöne stellten in der Malerei immer eine Kostbarkeit dar, solange die chemischen Verfahren nicht gefunden waren. Das Mittelalter war eine Epoche tiefer Religiosität, in der ein kräftiges Blau stellvertretend für den Schutz durch die Gottesmutter stand, die traditionell in einen blauen Mantel gehüllt dargestellt wurde. Genaugenommen stammt diese Vorstellung noch aus einer heidnischen Verehrung einer weiblichen Gottheit: Die Mutter Erde ist in den blauen Mantel der Atmosphäre gekleidet. Die Maler des Mittelalters konnten das schönste Blau nur aus Lapislazuli erzeugen, das einen sehr teuren und schwer zu beschaffenden Grundstoff darstellt. Eine andere Möglichkeit war das Smalteblau aus gemahlenem Glas, das aber einen sehr schwachen Blauton hergibt.  Im Mittelalter wurde das Blaupigment gesondert abgerechnet, wenn ein Maler dem Auftraggeber seine Rechnung präsentierte, denn es stellte den größten Posten dar. Bei Rogier van der Weyden finden wir Untermalungen aus preiswertem Smalteblau, das dann durch eine lasierende Schicht aus Lapislazuli zu einem strahlenden Farbton gesteigert wurde.
Detail aus dem Bladelin-Altar von
Rogier van der Weyden (1399-1464)

Kein Wunder also, dass eine blaue Farbe auf dem Wunschzettel der Chemiker stand. Wäre sie aus billigen Grundstoffen herstellbar, dann könnte sich das Labor -- Geheimhaltung vorausgesetzt -- als Goldgrube erweisen.
Zum ersten Mal hören wir von einem synthetischen Blau 1708 in einem Brief an den Präsidenten der Preußischen Akademie der Wissenschaften Gottfried Wilhelm Leibniz. Der Naturforscher Frisch wusste von einem geglückten Experiment des Chemikers Johann Jakob Diesbach in Berlin, dem es gelungen war, eine tiefblaue Eisenverbindung zu erzielen, als er eigentlich nach einer roten Farbe suchte. Dieses Blau sollte in der Folge einen Siegeszug antreten, denn es revolutionierte die Malerei, indem es den Malern ein preisgünstiges und jederzeit verfügbares Blau-Pigment anbot.
Die Geheimhaltung funktionierte noch einige Jahre, dann wurde in England ein vergleichbarer Farbstoff entwickelt, das Turnbull's Blue.

Ein Gemälde mit dem neu
entwickelten Blau: Werffs
"Grablegung"
Pieter van der Werff schuf 1709 in Rotterdam das Gemälde "Die Grablegung Christi" (Bildergalerie Sanssouci, Potsdam), die erste bekannte Verwendung des neuen Pigments (Wikipedia). Allerdings erreicht ein Blau aus Eisenverbindungen nicht die Strahlkraft des Ultramarin oder Lapislazuli.

Durch verschiedene chemische Prozesse erzielte man rötlichere oder grünstichige Varianten, die aus der Palette nicht mehr wegzudenken sind. Lediglich in der Freskomalerei ist Preußischblau nicht anwendbar, was mit dem alkalischen Zustand des Fresco-Putzes zu tun hat. Wie schon die Entdeckung des Farbstoffs zeigt, ist dieser Blauton ein Indikator für den pH-Wert von Untergründen.

Preußischblau ist schwer aufschließbar. Künstler, die ihre Farben selber aus dem Originalpigment anreiben, haben viel Mühe damit. Darum wird auch dieses Pigment nach und nach von moderneren Substanzen abgelöst. 

Als Aquarellfarbe ist bei Schmincke eine Eisenverbindung erhältlich. Die Blautöne Berliner Blau, Pariser Blau, Preußischblau und andere aus dieser Familie sind höchst intensiv, in der Konzentration fast schwarz. Als Pigment beim Anreiben zeigen sie einen ölig-violetten Schimmer. Sie haben auch in der Verdünnung eine leicht schwärzliche Trübung, sodass man eher zu den Coelin-, Heliogen- und Kobaltblau-Tönen greift, wenn es um ein reines, klares Blau geht, zum Beispiel für den Himmel in der Landschaftsmalerei. Zur Darstellung von Kleidung ist dieser Blauton jedoch unverzichtbar, ebenso für atmosphärische Landschaften mit Wettererscheinungen, für Seestücke, Berge, Schattenpartien. 
In der Mischung mit Sepia und anderen Brauntönen gewinnen wir aus Preußischblau interessante, leicht transparente Schwarztöne, u.a. auch Varianten von Paynesgrau.

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