Montag, 11. November 2013

Paint it Black

Tuschzeichnung von Rembrandt
 Von Schwarz war in diesem Blog schon oft die Rede. Meistens ging es in diesem Zusammenhang um die Verwendung und Technik, um die Unterscheidung in feste und flüssige Stoffe. Wir sprachen von Graphit, Kohle, Kreiden und Tusche, Aquarellfarben und anderen Arten. Heute soll es um das gehen, was die schwarzen Materialien schwarz macht.

Der Begriff „Pigmente“ fiel schon häufiger. Die großen Hersteller verwöhnen uns mit einem reichen Angebot: Schwarz ist nicht gleich Schwarz. Seit alter Zeit dienen dem Maler Substanzen mineralischer und organischer Herkunft mit unterschiedlichen Eigenschaften. Schwarz aus Kohle oder Ruß ist neben dem roten und gelben Ocker und weißer Kreide das älteste Pigment in der Hand des Menschen. Es war seit der Entdeckung des Feuers ein überall und jederzeit verfügbares Pigment, wir können uns gut vorstellen, dass der Mensch in seinen Anfängen zum Stück Holzkohle griff, um seine Vorstellungen an die Felswand zu kritzeln; und wenn man auch bezüglich der Echtheit vieler Höhlenbilder geteilter Meinung sein kann, so ist kaum zu bezweifeln, dass schon bei den ersten Zeichnungen des Menschen die Kohle eine dominierende Rolle spielte. Es war eine Frage des Geldes, wenn Skizzen in einer sehr eingegrenzten Palette gezeichnet und getuscht wurden. Es war auch eine Frage der Gewohnheit, wenn Farbigkeit in diesem Rahmen kaum vermisst wurde. Ein wenig Kolorierung, ein roter Stempel, das war hier und in Asien alles, was an Farbe im Bild auftauchte. Die Vorstellungskraft des Betrachters machte die Bäume grün und den Himmel blau. Erst als die Impressionisten und die Fauves die traditionelle Zuweisung von Farbtönen in Frage stellten oder über den Haufen warfen, wurde die farbige Darstellung ein unverzichtbares Gut.
Chinesische Tuschzeichnung
Mehrere Blöcke Chinatusche
Es ist von Bedeutung für die Entwicklung der Kultur, dass ein Schwarzpigment sich so allgegenwärtig, überall verfügbar und praktisch kostenlos anbot. In Asien entwickelte sich aus diesem Grundstoff der jahrtausendelang verwendete Tuscheblock, der durch Reiben in einer Steinpfanne mit Regenwasser eine feine, leicht blaustichige, tiefschwarze Tinte ergab.

Zeichnen und Schreiben war hier sehr verwandt, das Werkzeug für beides war der Pinsel.
Mit der Verfeinerung der Malerei, mit der Verwendung verschiedener Bindemittel, Untergründe und Werkzeuge entstand das Bedürfnis nach Entwicklung verschiedener Schwärzen, sowohl das billige Material für die schnelle Skizze, die nur der Vorbereitung der Malerei diente, war gewünscht, als auch das feine und tiefdunkle Schwarz als Schreibtinte, als Pigment in der Miniatur- und Buchmalerei. Die Zartheit der Buchkunst profitiert von besonders feinen Pigmenten.
Moderne Kopie eines Bucheinbands
mit Elfenbeinschnitzerei
Im Mittelalter, als die kostbaren Manuskripte auf geglätteter Schafs- oder Ziegenhaut ausgeführt wurden (denn nichts anderes ist Pergament), experimentierte man ebenso mit prächtigen Goldtinten auf Purpur wie mit feinen Schwärzen für den Fließtext und schloss diese Kostbarkeit in geschnitzte Deckel, die kostbarsten von ihnen in geschnitzte Elfenbeintafeln. Beim Schnitzen entstehen Späne, die aufgrund ihres hohen Preises für dieses Material dazu anregten, jedes Bisschen zu nutzen. Wenn man sie vorsichtig verkohlte, ergaben sie ein Schwarz von großer Tiefe und Feinheit: Elfenbeinschwarz.

Lange war es das teuerste unter den Schwarzpigmenten. Wir finden es auch heute noch, allerdings wird es aus entfetteten Tierknochen produziert, dem Artenschutz Folge leistend.
Lange schon war das Beinschwarz bekannt, das aus Knochen hergestellt wurde, es war allerdings nicht von der edlen Feinheit des Elfeinbein-Pigments.
Billig und leicht zu erlangen war das Lampenschwarz, es handelte sich immer schon um Ruß, der über der Flamme von Petroleumlampen aufgefangen wurde. Auch dieser Ton findet sich bei der angebotenen Skala, ein neutraler Ton ohne Stich.
Eine leicht bräunliche Färbung hat das Holzkohlegrau. Außerdem gewinnt man aus verkohlten Weinstöcken das Rebenschwarz.
Schiefer- und Manganschwarz waren oder sind als Mineralschwarz im Handel. Auch Eisenoxyd kann als billiger Grundstoff dienen, vielfach unter der Bezeichnung „Mars Black“.  


Während alle diese Schwarztöne auf einer schwarzen Substanz beruhen, gibt es auch Schwarztöne, die sich aus Buntfarben zusammensetzen. Diese sind beliebt, wenn es gilt, Lasuren mit Schwarz zu mischen, die keinen Störfaktor im Bild darstellen sollen, wie echte Schwarzpigmente es manchmal sein können. Das Paynesgrau, das wir schon kennengelernt haben, ist eine solche Mischung aus einem Blau- und einem Braunton. Der bläuliche und der bräunliche Ton neutralisieren sich nahezu und lassen nur einen leichten Blaugrünstich übrig.
Ähnlich ist es mit Neutraltinte, in der ebenfalls Buntpigmente den Grundstoff bilden. Diese ergeben in der Auswaschung einen leichten Violettstich. Ebenfalls aus Buntfarben ermischt der Hersteller das Neutralgrau, das allerdings keinen Farbstich aufweist, sondern in dem die Farbtöne ausbalanciert sind. Wir bieten Ihnen eine große Auswahl an Schwarztönen an, die größte Zahl von Pigmenten finden Sie im Bereich von Aquarellfarben, aber auch bei Acrylfarben, Tinten und Tuschen, im Bereich der Kreiden und Buntstifte und bei wertigen Ölfarbsortimenten können Sie sehen, dass Schwarz nicht gleich Schwarz ist.

Freitag, 16. August 2013

Zeichnen mit Farbstiften, ein Gastblog


  
Heute stelle ich Ihnen eine Gastbloggerin vor:
Helga von Pfeil, die selber zeichnet und auch Zeichenkurse gibt.

Zeichnen mit Farbstiften

Farbstifte sind ein unterschätztes Malmedium. Sie sind unkompliziert, leicht zu transportieren, immer sofort einsatzbereit und sie sind uns von Kindesbeinen an vertraut. Farben, die nicht unkontrolliert verlaufen und überaus steuerbar sind. So erzielen auch Malanfänger schnelle Erfolge. Auf gutem satiniertem Papier können kleine Fehler auch mal (mit einem Tintenradierer) entfernt werden. Keine bösen Überraschungen!
Eine schnelle Skizze einer Straßenszene im Reisetagebuch, eine Landschaft auf dem Skizzenblock oder auch ein detailgetreues Stillleben, wie ich es bevorzuge. Unbegrenzte Möglichkeiten: Eines schließt das Andere nicht aus. Probieren geht über Studieren!
In meinem Zeichen-Studio beginnen wir nach dem Aufbau des Stilllebens mit einer Bleistiftskizze. Erst dann wird zum Farbstift gegriffen und die Skizze Schritt für Schritt  koloriert. Hierbei verwenden wir ausschließlich Schwan-Stabilo-Dünnkernstifte. Nur mit diesen hochwertigen Farbstiften können wir unbegrenzt Farbschicht über Farbschicht auftragen. Es entstehen vielschichtige Farbmischungen ohne, dass unser Zeichenkarton "gesättigt" wird.
Schwan-Stabilo-Dünnkernstifte wurden bereits 1925 entwickelt. Seinerzeit nicht nur für Künstler, sondern vor allem für technische- z. B. Architektur-Zeichnungen. Sie sind von gleichbleibender Qualität, enthalten hochwertige Pigmente und sind bruchsicher. Die festen Minen lassen sich sehr dünn anspitzen und ermöglichen dann hauchfeine Linien. Die Dünnkernstifte haben eine lange Lebensdauer. Sollte der Stift in Ihrer Lieblingsfarbe doch einmal verbraucht sein, kann man die Stifte einzeln nachkaufen. Und weiter zeichnen…

Liebe Firma Schwan-Stabilo,
falls Sie diesen Blog lesen:  Wir wünschen uns weitere Farbtöne und würden uns besonders über einige zusätzliche Grüntöne freuen.
Zeichen-Schule, Sierichstraße 8,
Hamburg-Winterhude
Telefon: 0173 – 625 91 75,
hvonpfeil@googlemail.com
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Helga v. Pfeil, im August 2013

Freitag, 2. August 2013

Die großen Künstlertechniken: Ei-Öl-Tempera

Albrecht Dürer, Anbetung der Könige
Die Geschichte der Ölmalerei ist nicht so alt wie die Tempera-Techniken. Bereits im Mittelalter, noch bevor das Ölbild großen Rang erlangte, malte man mit Tempera auf Holztafeln. Aus der Ikonenkunst kennen wir das noch aus der byzantinischen Ära. Die Ölmalerei wird im Straßburger Manuskript über Maltechnik beschrieben und wurde von den Niederländern Jan und Hubert van Eyck bekanntgemacht. Und noch lange nach dem Übergang zur Ölmalerei verlor die Tempera nicht ihre Funktion als Untermalfarbe, in der das Bild bis hin zu der letzten, lasierenden Ölfarbschicht aufgebaut wurde. Das Prinzip hieß "fett über mager". Man begann mit der Zeichnung, machte sie durch eine Untermalung plastisch, hierbei wurde meist eine dünne Harzschicht aufgetragen, in der die Partikel der weißen Höhung gut hafteten. So trocknete die Untermalung rasch und erlaubte den Auftrag der finalen Ölfarbschicht. Wenn also bei den Werken der Alten Meister von Ölbildern die Rede ist, so sind diese möglicherweise mit Eitempera untermalt, was in der Renaissance als Selbstverständlichkeit galt.
Was ist der Sinn, Ei und Öl in eine Emulsion zu bringen?
Anrühren von Ei-Öl-Tempera
aus dem Video der Firma Schmincke
Wie es in diesem sehr instruktiven Video von Schmincke erklärt wird, ist der Vorgang, die Farben mit einer Ei-Öl-Mischung anzurühren, mit etwas mehr Aufwand verbunden, als wenn man einfach eine Tempera aus der Tube verwendet. In Tuben ist Ei-Öl-Tempera nur selten zu finden, und das hat seinen Grund in der geringeren Haltbarkeit der Mischung. Ein Vorteil beim Selbermischen ist ja auch, dass man seine Farbe so mager, so fettig oder so harzig anrühren kann wie man selber es braucht.

Ei-Tempera von Rowney
Tempera -- das Wort bedeutet "gemäßigt". Das kommt daher, weil ein ausgewogenes Verhältnis von Ei, Öl, Harz, Pigment und Wasser gefunden werden muss. Harz ist ein Trockungsbeschleuniger, führt aber beim Übermaß zu Trockungsrissen. Ein zu großer Anteil an Öl erzeugt nach dem Trocknen Schrunden, die Oberfläche sieht aus wie ein vertrockneter Apfel. Das liegt daran, dass das Volumen des Öls sich vergrößert, denn im Trocknungsprozess nimmt es Sauerstoff auf. Bei Harz wiederum verdunsten die flüchtigen Lösungsmittel-Anteile, und es schwindet und reißt. Darum führt ein stabiles und gut ausgewogenes Verhältnis von Öl und Harz zu einem gleichmäßigen Trocknungsverhalten und später zu einem haltbaren Ergebnis.
Der Ei-Anteil macht die Farbe geschmeidig beim Anreiben und im Pinsel und erzeugt die feine Verteilung der Partikel, die sich durch die Trübung des Malmittels anzeigt. Das Wasser darf ebenfalls nicht in zu großer Menge zugegeben werden, um die emulgierende Wirkung des Eigelb nicht aufzuheben.
Pigmente aus unserem Sortiment
Die Proportionen von Öl, Harz und Pigment sind in der Ölfarbe gut ausgewogen, wenn Sie sie in Tuben kaufen. Bei der selbstgeriebenen Tempera muss der Maler das richtige Verhältnis austesten. Das mag eine Herausforderung sein, belohnt Sie aber mit einem vielseitigen Material, das rasch trocknet, daher in Schichten in rascher Folge aufgetragen werden kann und sich ideal als Untermalung für Ölfarben eignet. Vielleicht reizt Sie die Freiheit, mit den Komponenten zu experimentieren? Und die selbstangerührte Farbe ist preiswert.
Wir bieten eine reiche Auswahl an Pulverpigmenten und Ölen, Firnissen und weiterem Zubehör an wie Spachtel und Paletten und vieles andere.
Hier finden Sie eine weitere sehr ausführliche Beschreibung der altmeisterlichen Technik.

Donnerstag, 18. Juli 2013

Die großen Künstlertechniken und ihr Material: Pastellkreiden

Frankfurter Meister, Bildnis des Tollhausverwalters
Anton Antoni, 65 x 53 cm,
Pastell auf Pergament, 1820
Was ist das Besondere an nebenstehendem Porträt?
Beim flüchtigen Hinsehen drängt sich die Ähnlichkeit mit dem Ölbild auf. Zarte Übergänge, feinste Nuancen und Farbschattierungen sind auch hier vorhanden. Kann man glauben, dass es sich auch hier um Kreidezeichnungen handelt? Wo man doch annehmen würde, dass die Kreide einen groben, schartigen Strich hinterlässt, keine weichen, fließenden Übergänge wie ein flüssiges Medium. Doch, das ist mit Pastellkreiden möglich. Gebunden mit Kaolin, einem hochfeinen Mineral, dem Grundstoff von Porzellan, kommen die Kreiden zart und pudrig daher.


Pastell -- das ist im Grunde nichts anderes als ein leicht gebundenes, in Stangen gepresstes Pigment. Das Bindemittel kann variieren, die Hersteller gehen mit dem Wissen vertraulich um. Die Stifte färben bei der leichtesten Berührung ab, darum werden sie in einer Papierhülle geliefert. Sie haben eine pulverige-trockene Oberfläche und geben beim Auftragen auf das Papier (vorzugsweise rauhere Qualitäten wie Ingres) unter schleifenden Geräuschen einen aufgerissenen, kreidigen Strich ab. Nicht jedermanns Sache. 
Die Sängerin Caterina Regina Mingotti

 Anton Raphael Mengs, um 1750
Andererseits erlauben sie zarte Verläufe der Farben, die dieses künstlerische Mittel bei den Porträtmalern äußerst beliebt gemacht hat, und ihren Höhepunkt erreichte diese Technik im Rokoko und dem ausgehenden 18. Jh. Ist es ein Zufall, dass gerade das Rokoko, die Zeit, in der die Morgentoilette hauptsächlich im Auftragen von Puder bestand, vernarrt war in die Pastelltechnik? Es waren vielfach die höfischen VIPs, die den schmeichelnden Charakter des Pastells schätzten, mit dem der Künstler der Haut seiner Kundinnen und Kunden einen perlmuttartigen Schimmer verleihen konnte, glänzende Augen und glamouröse Seiden- und Samtstoffe schildern, die dem Gesicht den repräsentativen Rahmen verschafften. Entsprechend ist die verführerische Seite der Pastellmalerei diese Leichtigkeit, mit der sich glatte Übergänge malen lassen. Der Kitsch lauert gleich um die Ecke.

Eine Landschaftskizze kann in kürzester
Zeit entstehen, 15 Minuten dauerte diese
.
Die Pastelltechnik hat ihre Position seither aber nicht ganz verloren. Ihr Vorteil ist, dass sie ein schnelles, spontanes Arbeiten unterstützt, man braucht außer einem rauhen Papier wie Ingres- oder Velourspapier keine Vorbereitungen, man sieht die Farbtöne etwa so, wie sie am Schluss erscheinen, man kann sie auf dem Bildgrund mischen und in winzigen Portionen auftragen, so dass feinste Nuancen sichtbar werden. Sie kann auch kompromisslos und wild verwendet werden, sie unterstützt das ungeplante Arbeiten, erlaubt aber dem Künstler dennoch die volle Kontrolle.
Wir bieten Pastellkreiden mehrerer Hersteller an
 Hier einBeispiel für heutige Arbeiten mit Pastellkreiden.
Einziges Problem bei diesen Arbeiten war die Fixierung, die in vergangenen Jahrhunderten durch das Tränken mit einer Leimlösung vorgenommen wurde, später aber durch den Auftrag von gelösten Lacken wie Schellack, die in einer leicht flüchtigen Flüssigkeit wie Birnenäther aufgetragen wurden, indem man sie zerstäubte. Heute verwenden wir überwiegend Sprays; früher geschah das durch das Aufblasen mit einem Röhrchen oder mittels eines Gummiballons. Wir bieten weiterhin ein solches Röhrchen für den sparsamen Auftrag von Fixativ an.
Ein wenig Übung ist dabei vonnöten; probieren Sie es am besten vorher aus, bevor Sie die Spitze des Zerstäubers auf Ihr bestes Werk richten.  Und Sie sollten keine Angst davor haben, zeitweilig Ihre eigene Farbe zu verändern. Wie mein Kunstlehrer in der Schule sagte: "Ein sauberer Künstler ist ein fauler Künstler."

Dienstag, 25. Juni 2013

Die großen Künstlertechniken und ihr Material: Graphit

Bananenbaum --
Bleistiftzeichnung der Autorin

Graphit in Pulverform
Graphit ist eine kristalline Form von reinem Kohlenstoff von geringer Mohshärte, 1-2. Seine Strichfarbe ist schwarzgrau mit metallischem Glanz und wohl das bekannteste Material, das für Zeichnungen verwendet wird.
Die Verwendung von Graphit als Schmuckmittel kann bis in die Steinzeit nachgewiesen werden. Vielfach wurde er als Schutzschicht auf Tongefäße aufgetragen. Nachdem er immer wieder bei Ausgrabungen von keltischen Handelswaren gefunden wurde, taucht er erst im frühen Mittelalter im Osten Europas wieder auf.
Lange konnte man Bleiglanz und Graphit nicht von einander unterscheiden, darum bekamen Zeichenwerkzeuge aus dem silbrig-schwarzen Stift den Namen "Bleistift" und behielten ihn bis in die heutige Zeit. Im Gegensatz zu Blei ist Graphit jedoch vollkommen unschädlich für uns, denn reiner Kohlenstoff findet ja auch als Medikament zur Entgiftung Anwendung. Weiterhin gibt es unendlich viele technische und chemische Anwendungsgebiete für die schwarzgraue Substanz.
Der Bleistift spielte lange Zeit eine untergeordnete Rolle in der Kunst.
Silberstiftzeichnung von Albrecht Dürer
Während der Silberstift wegen seiner Feinheit und Präzision bereits eine eigenständige Aufgabe zugewiesen bekam, nämlich das Mittel für kleine, kostbare und feine Zeichnungen zu werden, blieb der Bleistift ein Skizzenstift neben Rötel, Kreiden und Kohle. Diesen gegenüber besitzt er die bessere Haftfähigkeit an Papier und kann zur Not auch ohne Fixiermittel verwendet werden. Graphit kann in einer einmalig großen Skala von Härtegraden angeboten werden.
Verschiedene Bleistifte
Graphitstifte ohne Holzfassung
Von der blassgrauen, wie geschnittenen Linie der größten Härten über die Bürostifte HB und F zu den weichen, satten, fast fettig glänzenden Qualitäten finden wir jede Nuance für das künstlerische Temperament oder das geplante Projekt. Bleistiftzeichnungen können so subtil und exakt ausgearbeitet werden, dass fotorealistische Darstellungen möglich werden. Wenn die Bleistiftzeichnung als eigenständiges Kunstwerk stehen soll, empfiehlt sich die Fixierung.
Außer dem klassischen Bleistift werden auch bei uns viele Varianten von Stiften angeboten, die über die bekannte Form des in Zedernholz gefassten Stiftes hinausgehen.
Verschiedene Graphitstifte
Es gibt dickere oder feinere Stifte aus reinem Graphit, kräftig und massiv, nur umhüllt von einer Lackschicht, bis hin zu zigarrendicken "Chunks" oder haarfeinen Minen für Druckstifte bis zu einer feinsten Stärke von 0,2 mm.
Graphitminen für Halter, Anspitzer,
Blöckchen mit Sandpapier zum
Schärfen der Spitze
n


 Es gibt vierkantige Stifte und Blöckchen mit rechteckigem Querschnitt, die einen raschen Auftrag von flächigen Schattierungen erlauben, und Zimmermannsbleistifte mit rechteckigem Querschnitt. Papierwischer sind ein bewährtes Werkzeug zum Vertreiben des Graphit, denn der Finger ist dafür kein zuverlässiges Hilfsmittel, er hinterlässt Flecken und verfärbt den Graphit durch das Fett der Haut.
Knet-Radiergummis
Auch ein Knetgummi ist  nützlich: Es erlaubt, Teile der Zeichnung abzuschwächen, anstatt sie ganz zu entfernen.

Papierwischer zum Anlegen
von weichen Schattierungen





Die Graphitzeichnung bleibt immer ein wenig silbrig-grau und reflektiert das Licht. Ein tiefes Schwarz erzielen wir eher mit Kreiden oder Kohle, während die Reproduzierbarkeit von Bleistift- und Graphitzeichnungen als eher schwach bezeichnet werden muss.

Montag, 10. Juni 2013

Neue Pigmente -- strahlende Töne

Purgier-Kreuzdorn (Rhamnus catharticus)
 Nachdem wir nun so lange von traditionellen Farben gesprochen haben, möchte ich Ihnen heute ein paar ungewohnte Farbtöne vorstellen, die von einer Veränderung der Sehgewohnheiten in der Kunst Zeugnis ablegen. Bezeichnungen werden oft geändert, Pigmente werden laufend verbessert. Es lohnt sich, bei allen Herstellern nach neuen Produkten Ausschau zu halten, man kann wunderschöne Entdeckungen machen. Ich stelle heute einige wenige davon vor. Sie ersetzen alte Pigmente -- oder sie bereichern die Palette durch Neuheiten.

Quinacridon: Knallige Farben aus der Retorte

Problem oder Vorteil? Ein richtiges Shocking Pink ist in den Malkästen vor der Übernahme der Quinacridon-Verbindungen nicht vorhanden gewesen. Die Vorläufer des Impressionismus und die Impressionisten befreiten die Maler von dem Zwang, Farben gebrochen zu verwenden, und erst recht die Fauves strebten nach einem Ausbrechen aus den gedeckten Tönen der akademischen Malerei. Sie hatten bereits leuchtende Töne zur Verfügung, und sie steigerten so sehr, dass sie sich Hohn und Spott der Zeitgenossen gefallen lassen mussten. Zinnoberrot, Chromoxydgrün feurig oder Indischgelb, die Palette war schon recht kraftvoll, erst recht, wenn man sie mit dem ruhigen, gedeckten Kolorit vergleicht, das das Publikum gewöhnt war. Selbst zwischen den frühen Bilder eines Auguste Renoir, den wir schon zu den Impressionisten rechnen, und der klassischen Moderne liegt ein großer Schritt in der Behandlung der Farbe.
Aber als wäre das noch nicht bunt genug, griff die Pop-Art in den frühen Sechzigerjahren des 20. Jh. in die Kiste mit dem Pink. Jetzt war eine Grenze überschritten. Wiewohl Shocking Pink technisch seit den Dreißigerjahren machbar war -- denn die Quinacridon-Synthese war 1935 gelungen --, schrecken viele Künstler bis heute davor zurück, es in ihren Bildern auftauchen zu lassen, während kleine Mädchen mit diesem Farbton in Plastik und Textil hemmungslos ihre Welt gestalten.
Winsor&Newton haben die Konsequenz gezogen, sie bieten einige sehr reine Magenta-/Pink-/Rosenrottöne an, die leuchtendste unter der Bezeichnung "Opernrosa". Mein Scanner war so geschockt, dass ich die Probe nachbearbeiten musste. Das Theatralische dieser Farbe wird wahrscheinlich von vielen Freunden der klassischen Malerei als "kitschig" angesehen. Es wird für Blumenmalerei angeboten, und in der Tat schrecken Bauernrosen und Alpenveilchen ja vor nichts zurück. Aber wem das zu krass ist, der kann das Bild in die Sonne hängen, das Opernrosa gibt dann ein wenig nach.
Der bedeutendste deutsche Hersteller für Aquarellfarben bietet ein Magenta und ein Rotviolett aus der Quinacridon-Skala an; sie sind ein wenig gedeckter als die in Großbritannien hergestellten Entsprechungen.

Magenta, Purpur und die Grundfarben

Die Zurückhaltung gegenüber Shocking Pink geht so weit, dass bis heute die Pädagogen zu Malkästen raten, in denen es nicht enthalten ist. Ein zäher Kampf scheint da zwischen den Endverbraucherinnen und ihren Erziehern zu toben. Und auch bei den Kunstlehrern ist der Aberglaube unausrottbar, Blau, Rot und Gelb seien Grundfarben. Dabei kann jeder selber ausprobieren, dass das Violett, das man aus Rot und Blau ermischen kann, ein Trauerspiel ist. Die Drucker wissen es schon lange: Nur aus Magenta, wie das Pink in der Drucktechnik heißt, kann man ein reines, strahlendes Violett ermischen, mit Karminrot oder gar Zinnoberrot ist das im Leben nicht möglich.
Das aus Zinnoberrot ermischte "Violett" ist ein schmutziges Braunviolett, mit Karmin klappt es nicht wirklich, nur das Magenta ist die Gewähr für ein brauchbares Ergebnis. Gegenprobe: Magenta plus Gelb bewirkt ein recht passables Rot.

Perylen: Die Schönheit aus der Grube

Perylenviolett
Purple Lake
Ein weiterer Lieferant interessanter Pigmente ist ein Bestandteil von Teerkohle. Es wurde zum ersten Mal 1919 isoliert, aber die Farbstoffe daraus sind neuerer Herkunft. Winsor&Newton macht daraus ein hinreißendes Aubergine, das Perylene Violet. Das Perylene Maroon ist ein wunderbar warmer, rotbrauner Transparentton, ähnlich sieht das Purple Lake aus.

Goldgrün: Edler Farbton mit unedlem Namen

Könnte man sagen, ein Modepigment? Das sehe ich nicht so; vielmehr musste in den Skalen der Platz des Pigments "Stil de Grain" ausgefüllt werden, ein lasierendes Gelbbraun mit einem Grünstich oder rötlichen Braunstich -- "Stil de Grain vert" oder "Stil de Grain brun". Diese Farbe wurde aus frischen Früchten des Purgier-Kreuzdorns (Rhamnus catharticus) hergestellt, inzwischen ist sie als Originalpigment nicht mehr verfügbar. Der Strauch liefert auch ein Abführmittel, was dem Farbstoff einen drastischen Namen verlieh.
Der Farbton war in der Landschaftsmalerei unentbehrlich. Das neue Goldgrün oder Grüngold, je nach Anbieter, nimmt seinen Platz recht gut ein und zeigt sich vielseitig durch seine Transparenz, die es in dünnem Auftrag als strahlendes Zitron und im dickeren Auftrag als Olivton erscheinen lässt. "Azo-Nickel-Komplex mit Ruß" ist die Herstellerbeschreibung für das Rezept.

Rose Carthame, Safflor: Die stachelige Schöne

Aus der Färberdistel wurde ursprünglich ein Rosarot gewonnen, das im intensiven Auftrag orangerot und in der Verdünnung zart pink aussah. Leider ist dieser Farbton anscheinend nicht mehr erhältlich. Einen passenden Ersatz bietet Winsor&Newton zwar an, aber er kommt nicht an das Original heran.
Die nachstehende Probe ist eine Rekonstruktion aus der Erinnerung.



Farbkarte von Schmincke, ich empfehle, sie zu speichern und dann zu öffnen, anstatt sie online zu betrachten.

Farbkarte von Winsor&Newton, auf diesen Proben als W&N bezeichnet.

Montag, 3. Juni 2013

Farbe der Woche: Rötel und andere Kreiden

Rötelzeichnungen des französischen Kunsttischlers André Charles Boulle, 
um 1720–1730

Jean Etienne Liotard,
"Türkische Dame und ihre Dienerin",

ca. 1740


Rötel

Rote Erden waren während der gesamten Menschheitsgeschichte ein billiges und beliebtes Mittel, mit dem der Mensch seiner Umgebung und sich selber Farbe verlieh. Im alten Rom und Pompeji zeichnete man vielfach mit Rot direkt auf die Wände, teils als Vorzeichnung für die Wandmalerei, teils ließ man die Zeichnungen und Beschriftungen in dieser Form stehen.
Rötel ist ein in Brocken verfügbares  Erdpigment, Hämatit in Tonerde, durch Grabungen gefunden, u.a. im Saarland. Hier finden Sie eine große Zahl von Bildern.
Rötel wurde in Form von länglichen Stücken benutzt und war wegen seinem kräftigen, warmen Farbton Standardmaterial für Skizzen und Zeichnungen.
Es handelt sich um ein leicht fettiges Material (anders als der heute im Handel erhältliche Rötel) mit erdig-kreidigem Strich. Er war seit der Antike als Skizzenstift sehr beliebt.
Rötel- und Kreidezeichnung 
aus der Werkstatt Holbeins,
vermutlich Ann Boleyn darstellend, 
eine der Gattinnen Heinrichs VIII


 
Viele Künstler vergangener Jahrhunderte fertigten Kreide- oder Rötelzeichnungen auf getönten Papieren an. Wenn man hier mit weißer Kreide Lichter aufsetzt, also "höht", dann entsteht mit wenig Arbeitsaufwand, fast von selber, eine Tiefe, die von Albrecht Dürer, Hans Baldung Grien und vielen anderen Zeichnern effektvoll genutzt wurde.

Mit farbigen Kreiden wurde schon lange skizziert, doch galt eine solche Arbeit nur als Vorstudie, nicht als eigenständiges Kunstwerk. Die Palette war beschränkt, aber das war für die Anwendung in Skizzen kein Nachteil. Hier kam es darauf an, preisgünstige Mittel zu verwenden, so wie wir es schon im Kapitel über Bister und Sepia hörten. Auch schätzten reisende Künstler den praktischen Wert und die leichte Beschaffbarkeit solcher Farben. Von Leonardo da Vinci sind uns zahlreiche Skizzen in Rötel erhalten geblieben, die bei ihm möglicherweise mehr bedeuteten als nur Vorzeichnungen.

Die Porträts, die Holbein von den Frauen Heinrichs VIII anfertigte, die charmanten Zeichnungen des Rokoko, auf denen Jean-Etienne Liotard elf Kinder der österreichischen Kaiserin Maria-Theresia festgehalten hat, zeigen: Kreiden und Rötel sind das gegebene Mittel für Porträts, weil sich ebenso zarte Schattierungen durch Verwischen anlegen lassen, wie auch die schwarze Kreide kräftige Pupillen zu zeichnen erlaubt.

Jean-Étienne Liotard (1702--1789), Porträt
der jugendlichen Marie-Antoinette
Auch beim Aktzeichnen ermöglicht die Kombination von Rötel und schwarzer oder brauner Kreide ebenso einen sicheren Strich wie weich modellierende Schatten. Bis in die heutige Zeit stehen den Künstlern Kreiden, Kohle und Rötel für ihre Naturstudien zur Verfügung.

Zeichenkohle und schwarze Kreide

Kohle ist der einfachste Stoff für Zeichenstifte. Wir bieten Zeichenkohle an, sorgfältig und langsam verkohlte Holzstäbe, ein sehr natürliches und ursprüngliches Material. Kohlezeichnungen müssen unbedingt fixiert werden, aber der Vorteil ist die Möglichkeit, großzügig und spontan im großen Stil skizzieren zu können. Heute können wir uns auf Fixiersprays stützen, etwas ursprünglicher ist das flüssige Fixativ, das mit einem rechtwinkligen Blasröhrchen auf das Papier aufgebracht wird -- preisgünstiger als Sprays, aber schwerer zu handhaben. Für das Aktzeichnen vor dem lebenden Modell ist Zeichenkohle eines der klassischen Mittel. Sie behauptet sich auch deshalb gegenüber dem Bleistift, weil die Graphitmine einen Glanz aufweist, der bei der Reproduktion stört und immer ein wenig grau statt tiefschwarz aussieht. Ebenso charaktervoll wie Kohle und im Schwarz noch intensiver ist Kreide. Sie erhalten bei uns eine feste Kreide in Vierkant-Stangen, die aus rotem, braunem oder schwarzem Pigment bester Qualität gefertigt ist. Auch als Buntstift können Sie die Farben erhalten, mit denen Sie die Techniken und Arbeitsweise der Künstler vergangener Jahrhunderte nachvollziehen können.
Aber das ist schon wieder ein anderes Kapitel.

Schwarze Zeichenkreiden, Holzhalter
Rötelähnliche Buntstifte

Montag, 27. Mai 2013

Farbe der Woche: Gebrannte Siena


Mit diesem Farbton knüpfen wir an ein Thema an, das vor einigen Wochen besprochen wurde, an die Roten Erden. Aus der Toscana bei Siena stammten ursprünglich zwei berühmte Erdfarben: Ein gelber Ocker, Siena Natur benannt, und die durch Brennen hieraus gewonnene rotbraune Variante, die Gebrannte Siena. Das im Kristall dieser Erde enthaltene Wasser entweicht durch das Brennen bei hohen Temperaturen von bis zu 800°C. Es gibt kaum noch Werkstätten, in denen solche Pigmente aus natürlichen Erden hergestellt werden. Viele Lagerstätten in Italien und Frankreich sind erschöpft oder der Abbau hat sich nicht mehr gelohnt -- immer mehr der natürlichen Erden sind den synthetischen Farbstoffen gewichen. Die Farbnamen erinnern dennoch an die Gewinnung und Fertigung in früheren Jahrhunderten. 
Wenn Sie ganz sicher sind, einen echten, aus Erde gewonnenen Ocker als Pigment in Pulverform zu besitzen (und nur dann), können Sie aus gelbem Ocker einen etwas rötlicheren Ton gewinnen, wenn Sie ihn in einer Eisenpfanne hoch genug erhitzen. Um einen wirklich roten Ocker zu erhalten, müssen allerdings viel höhere Temperaturen erreicht werden. Aber ich habe es probiert, es funktioniert.
In Frankreich belebt die Bewegung "Terres et Couleurs" die Nutzung der natürlichen Ockerfarben seit 1995 mit einfachsten Mitteln. Farben werden aus ungiftigen Grundstoffen hergestellt wie Mehl, Erdpigmenten und Leinöl -- bisweilen fragt man sich wirklich, ob die Handwerker Pfannkuchen oder Anstriche erzeugen wollen. Das Ergebnis ist atemberaubend. Wer meint, dass Erdfarben immer gedämpfte Tone sind, wird mit brillanten Gelb-, Orange- und Rottönen konfrontiert.
Die gebrannte Siena fällt dabei in die Kategorie der orange-braunen Töne. Sie ist ein Lasurton und kann lebhaft und kräftig wirken, auf jeden Fall aber warm und satt. Sie ist ein Lieblingspigment der Maler seit jeher. In der Landschaftsmalerei stellt sie zum Beispiel Ziegelgebäude dar, in der Akt- und Porträtkunst hilft sie beim Anlegen warmer Schatten oder gebräunter Teints.
Wir berichteten schon über die Terra Sigillata, das Material für Gefäße, die in der römischen Antike die Tafeln zierten. Ob man damals schon die gesundheitsschädliche Wirkung von Bleiglasuren kannte, sei dahingestellt; die römischen Töpfer setzten offensichtlich ihren Ehrgeiz darein, unglasierte Gefäße so dicht und glatt zu produzieren, dass sie für Wein, Öl und Speisen verwendet werden konnten, und das wurde erreicht, indem das halbtrockene (und natürlich noch ungebrannte) Tongefäß im "lederharten" Zustand poliert wurde. Es kann in diesem Zustand durch Abreiben mit einem Holz- oder Knochenspatel auf Hochglanz gebracht werden, ohne dass eine Glasur verwendet wird. Auf dieser Produktionsstufe kann es mit flüssigem Ton, sogenannter Engobe dekoriert oder auch mit eingeschnittenem Dekor versehen werden. Während der Ton noch weich ist, können Stempel verwendet werden, um die Oberfläche zu beleben.
So wie damals das warme Orangerot als höchst dekorativ empfunden wurde, schätzen die Maler der heutigen Zeit den Farbton Gebrannte Siena für Stadtansichten, Landschaften und für die Darstellung des menschlichen Körpers.
In unseren Farbsortimenten ist Gebrannte Siena ein Standardton, der in keiner Serie fehlt.